Spurenlesen als Hobby im Winter

Uncategorized Dec 06, 2023

 

Wintereinbruch

Die letzten Tage gab es in meinem aktuellen Heimatort einen durchaus nennenswerten Wintereinbruch. Nun, das dürfte, sollte und müsste in den ersten Dezembertagen eigentlich nichts Ungewöhnliches sein, über das dann auch noch explizit berichtet werden müsste, aber: die Dezember der letzten paar Jahre gingen gefühlt mehr in Richtung Frühling, als in Richtung Wintertraum wie damals in Kindheitstagen.

Draussen schneeverweht der Wind was er kann, es ist spiegelglatt in meiner kleinen Seitenstraße, nach 3 Wochen COVID schleichen sich die Geister wieder in meine Gebeine ein. Somit habe ich mich heute Früh aufgemacht und eingepackt, um mich wiedermal im nahen Wald rumzutreiben.

 

Sherlock-Mode is kicking in

Es hat nur wenige Schritte hügelanwärts entlang eines Feldweges gebraucht, und schon war ich wieder im Spurenfieber. Obwohl - der eigentliche Auslöser war Rey, meine Aussie-Hündin. Nach den ersten Metern Spontangerenne samt Darmentleerung war ihre Nase ganz ganz nah am Boden und sie mäandrierte vom Wegesrand weg hinein in den Waldhain.

Das hab ich aus ihrer Beobachtung schon gelernt, jetzt hat sie was in der Nase - und es muss noch relativ frisch sein, sonst wäre sie nicht so wurlig. Mit ein paar knirschenden Schritten war ich bei ihr, blickt dorthin, wo anscheinend Reys Nase etwas gewittert hatte und tatsächlich: ein Trittsiegel eines Rehs!

Und schon lief der Sherlock-Modus im Hochbetrieb - Fragen über Fragen überfluten mein System. Manches davon schon wie automatisiert. 

 

Fragen über Fragen

Ist das Trittsiegel wirklich ein Reh? Passt das von Form und Größe? Wie alt war es etwa? In welche Richtung ist es gegangen? Von wo kam es? Warum denn genau hier durch? Wie schnell war es? War es alleine? Wann könnte das gewesen sein ....

Bei der letzten Frage fiel mir wieder Rey ein. Ich richtete meinen Blick auf sie. Meine rotfellige, gerade wegen Daunenwechsels ziemlich zottelige Weggefährtin hatte ihre Schnauze bis zum Anschlag in einem ca. 15cm tiefen Hufabdruck des aktuell getrackten Rehs. Nach ein paar kurzen, aber umso lauteren Schnaufern zog sie die Schnauze wieder raus, zwei drei schnelle Schritte machte sie dann, um schliesslich wieder ihren Riechkolben im Schnee zu versenken.

Das macht sie nur, wenn es noch relativ "frisch" riecht, dachte es durch mich durch und gleich blickte ich auf die Kanten der Reh-Trittsiegel vor mir, kniete mich hin, inspizierte ganz genau jedes Detail am Trittsiegelboden, an den aufsteigenden, röhrigen Rändern und einige Zentimeter rund um den Abdruck herum. In einem kurzen Innehalten versuchte ich mir eine Einschätzung von Windrichtung, Sonneneinstrahlung und deren Einfluss auf diesen Fleck hier zu machen. 

 

Es lässt mir keine Ruhe

Ja, das sollte maximal 1 bis 2 Stunden her sein, also zu dem Zeitpunkt wo hier das Leben bzw. der Lärm erwacht, überlegte ich mir. um gleich darauf mit der schlüssigen Theorie nachzulegen: Unweit des Weges wird gerade ein Carport gebaut. Mich begann zu interessieren, wo die Fährte herkommt .... wo war es denn vorher das Reh? Beim Zurück-Tracken der Fährte begegnete uns noch eine, für Rey noch spannendere Fuchs-Fährte und eine zweite Reh-Spur, die auffällig parallel zu unserer Untersuchten verlief ... mit ähnlicher Alterseinschätzung.

Da ich noch nicht weit gekommen war, stiess ich mal an eine etwas verwachsene Ecke meines Grundstückes ... und siehe da - an einer unscheinbaren, eigentlich viel zu kleinen Stelle gingen nun beide Rehfährten durch den Zaun hindurch in meinen Garten! Sind das vielleicht die beiden Rehe, die ich erst gestern quer durch meinen Garten und an der Frontseite des Hause direkt unter meinen Fenstern entlang marschierend gespurenlest habe? 

Ich muss schmunzeln. Wir drehten um, und setzen unseren Auslüften-Spaziergang fort.

 

Kannst du dir das vorstellen?

Solche Geschichten kannst du am laufenden Band erleben und gerade der Winter ist da sehr sehr einladend. Schliesslich sind die Abdrücke der Wald- und Wiesenbewohner in der weissen Pracht besonders gut auszumachen. Für die meisten ist es recht einfach, die ersten Abdrücke und Fährten zu erkennen. Das ist in trockenen Sommern dann nicht mehr so augenscheinlich und bedarf schon eines feineren Auges.

 

Vorteile

Also einer der Vorteile ist die generelle Sichtbarkeit der Spuren und auch das man Bewegungsmuster sehr gut studieren kann. Ja sogar ein und das selbe Tier über viele Meter, vielleicht sogar Kilometer verfolgen kann. Wobei hier solltest dich auch den Hausverstand walten lassen, und bei extrem tiefen Temperaturen oder bei schon lange andauernden winterlichen Verhältnissen nicht durchs Unterholz tracken - jeder Fluchtversuch eines Tieres kann bei diesen Bedingungen der letzte gewesen sein. Vielleicht bleibst du dennoch einfach auf den Wegen, die die Tiere gut einschätzen können.

 

Nachteile

Der Nachteil kann sein, gerade bei sehr pulvrigem Schnee oder bei wechselwarmen Verhältnissen, dass der einzelne Abdruck, also das Trittsiegel, gar nicht so leicht zu erkennen ist. Du erkennst also, dass das was im Schnee gestapft ist, beim Hineinblicken Richtung Boden kannst du aber nicht mal eindeutig festlegen, ob es ein Huftier oder ein Pfotentier gewesen sein könnte.

Aber manchmal ist alles eindeutig. Zum Beispiel trainiere ich gerade unterhalb der Vogelfütterungs-Stationen die Spuren der Vögel zu deuten. Also, ich sehe ja von der Terrassen-Tür aus, wer da am Boden herumhüpft. Und dann gehe ich raus und versuche zu erkennen, wer von den so typischen Vogelfuss-Abdrücken gehört zu der Amsel und welche zu den Kohlmeise und welcher zum Zaunkönig oder zum frechen Eichhörnchen ...

Das wäre schwierig im Sommer - jetzt ist es gerade ideal!

 

Muster erkennen

Ich hab ja schon von den Bewegungsmustern erzählt. Also der Galopp des Hasen oder des Eichhörnchens sieht sehr charakteristisch aus - zwei kleine Vorderpfoten und gleich danach die großen Hinterläufe - es ist wirklich typisch für die winterlichen Landschaften meiner Gegend, auf Waldwegen und den Feldern zwischen den beginnenden Bergwäldern. Oder der watschelnde Gang des Dachses mit seinen eindrehenden Vorderpranken. Oder das Schnüren des Fuchses mit den wie auf einer Ketten aufgefädelten Perlen äh Trittsiegeln. Die ständig wechselnden Sprünge des Steinmarders ... unter mein Auto ... grummel

 

Du brauchst gar nicht viel!

  1. Neugier
  2. Ein Massband oder einen Zollstock
  3. Ein Notizbuch und ein Schreiberling
  4. Ein Spurenbuch
  5. Gesellschaft
  6. Eventuell einen Einstiegs-Kurs

 

Vielleicht interessierst du dich ja für einen Einstieg ins winterliche Spurenlesen. Denn du möchtest auch gerne das Winterwandern mit diesem tollen Hobby verbinden. Oder deinen Garten inspizieren. An meinem vorigen Wohnort habe ich gelernt, meine vier Katzen nur am Gang im Schnee zu unterscheiden - das war super spannend! 

Oder beobachte mal deinen Hund. Das mache ich auch sehr oft ... ok, dauernd. Jenen Moves, die sie ja gerade eben da vorne gemacht hat, kann ich sofort nachforschen ... das muss ja gerade HIER passiert sein! Du kannst ja auch deine Nase so wie Rey in ihre/seine Fährte stecken ;-) mal sehen was dein Vierbeiner dazu sagt ...

Und die vielen vielen tollen Geschichten, die sich da auftun ... und alles wird so mir nix dir nix plötzlich LEBENDIGER. Das find ich so richtig toll.

Und deshalb mag ich dich dazu inspirieren!

 

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